Gott vertrauen - und dem Menschen
Wir alle brauchen Vertrauen — etwas, worauf man sich verlassen kann, etwas, wo das Herz ganz zu Hause ist, etwas, womit man rechnen kann. Und natürlich wissen wir aus Erfahrung, dass geistige Eigenschaften wie Intelligenz, Reinheit und Liebe unseres Vertrauens würdig sind. Tatsächlich ist nichts vertrauenswürdiger als der Ursprung dieser guten Eigenschaften: Gott, der Seine ganze Schöpfung unerschöpflich liebt.
Aber was ist mit dem Menschen? Fällt es uns nicht oft leicht, geistige Wahrheiten zu lieben, aber haben wir dann nicht so manche Schwierigkeit, sie in uns oder in anderen zu entdecken? Sollte nichtGottes Schöpfung, und dazu gehört auch der Mensch, unseres Vertrauens würdig sein? Johannes teilt uns in einem seiner Briefe mit: „Wenn jemand spricht: Ich liebe Gott, und haßt seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht?“ 1
Wenn wir die Welt betrachten, so finden wir da vielleicht nicht viel Vertrauenswürdiges vor. Viele würden die Frage „Glauben Sie an den Menschen?“ sicherlich verneinen, weil sie von anderen verletzt wurden und den Menschen schließlich immer mehr mißtrauten. Manchmal mag es für diesen Argwohn durchaus gute Gründe geben. Zwischenstaatliche Friedensabkommen werden nicht immer eingehalten, in der Familie wird die versprochene Hilfe nicht immer gewährt, am Arbeitsplatz sind hinterhältige Angriffe auch nicht unbekannt. Vertrauen, die Basis für harmonisches Zusammenleben, erweist sich oft als unangebracht.
Aber es stimmt keineswegs, daß wir, wie Hölderlin einst schrieb, „der Hoffnung Lebewohl sagen“ müssen. Die Christliche Wissenschaft zeigt uns, daß es einen Grund zur Hoffnung gibt. Trotz vieler Weltprobleme spricht etliches dafür, daß die Zukunft der Menschheit durch ehrliche und aus dem Herzen kommende Bemühungen, Gutes zu tun, neu geschrieben wird. Die Sorge um die Opfer der Hungerskatastrophen und die Herausbildung eines umfassenderen Weltbildes sind dafür nur zwei Beispiele.
Die Frage „Glauben Sie an den Menschen?“ beantwortete Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft* , in ihrem Buch Die Einheit des Guten so: „Ich glaube an den individuellen Menschen, denn ich erkenne, daß der Mensch ebenso wirklich und ewig wie Gott ist und daß der Mensch zugleich mit Gott besteht als die ewig göttliche Idee.“ Doch sie fügt dann hinzu, daß sie „weniger an den Sünder, der fälschlicherweise Mensch genannt“ werde, glaube.2
Ihre Antwort deutet an, daß es mit dem Menschen viel mehr auf sich hat, als wir vielleicht immer gedacht haben, und dieses „Mehr“ ist entscheidend für unser Menschenbild und für das Vertrauen, das wir auf Gott und den Menschen setzen. Der Mensch ist, wie die Christliche Wissenschaft offenbart, Gottes Kind, Seine vollkommene, geistige, gute Widerspiegelung, völlig unabhängig von der Vorstellung, daß der Mensch sündhaft und sterblich sei. Der Mensch spiegelt Gottes Güte vollständig wider „als die ewig göttliche Idee“. Und die Bibel sagt uns: „Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, daß wir Gottes Kinder sind.“ 3
Wir wissen, daß wir Gottes Kinder sind, weil „der Geist Gottes“, wie es in der Bibel heißt, uns ständig unsere Gotteskindschaft offenbart. Ja, Gott ist, wie Jesus lehrte, göttlicher Geist, der allen Raum erfüllt. Er ist göttliche Liebe, die alles Gute gibt. Er ist göttliche Wahrheit, aus der alle Wirklichkeit hervorgeht. Jesus zeigte mit seinen Lehren vollständig und praktisch auf, wie wir besser auf Gott, unseren Vater und unsere Mutter, achtgeben können.
Wenn wir lernen, auf Gott zu vertrauen, daß Er uns sage, was Er und der Mensch wirklich sind, wird uns allmählich klar, daß alles Gute immer überall gegenwärtig ist und daß der Mensch, die Idee derLiebe, niemals von der Liebe getrennt werden kann. Und obwohl im Alltag viele Situationen auftreten können, die dieser grundlegenden geistigen Wahrheit widersprechen, zeigt uns doch die Christliche Wissenschaft, wie uns der geistige Sinn in die Lage versetzt, Gottes Gegenwart und Güte überall dort zu entdecken, wo wir gerade sind.
Insbesondere ein Erlebnis zwang mich dazu, meine Vorstellung vom Menschen gründlicher zu durchdenken, als ich es je zuvor getan hatte. Ich war sehr versucht, mein Grundvertrauen auf Gott und auf Seinen Menschen — Vertrauen auf das Gute überhaupt — aufzugeben, als ich Zeuge eines Doppelmordes vor unserem Hause wurde.
Zuerst erschien mir dieses Erlebnis wie im Kino — so unwirklich, jenseits aller Vorstellungskraft und unerklärlich war diese Grausamkeit. Obwohl meine Überzeugung, daß das ewige Leben die einzige Wirklichkeit des Seins darstellt, durch hingebungsvolles Gebet erneuert wurde, spürte ich doch erst in den darauffolgenden Tagen die volle Wucht dieses Ereignisses. Nach außen hin bemühte ich mich, so gut ich konnte, wie gewohnt meinen Pflichten nachzugehen. Trotz allem hatte ich aber große Schwierigkeiten, den Diskussionen auf einer Tagung zu folgen, an der ich teilnahm, und ich konnte mich auch einer merkwürdigen Rastlosigkeit nicht erwehren. Dieses Empfinden war besonders stark, als ich in der Polizeidirektion meine Zeugenaussage zu Protokoll gab. Ich merkte, daß ich doch noch mehr beten mußte.
Durch Gebet und Selbstprüfung stieß ich schließlich auf den tieferen Grund für meine innere Unruhe: Mein Vertrauen auf die Güte des Menschen im allgemeinen war zutiefst erschüttert worden. Wie jeder andere, so brauchte auch ich Vertrauen, und ich versuchte, dafür wieder einen Grund zu finden. Als ich die Bibellektion aus dem Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft studierte, stieß ich inWissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy auf den bemerkenswerten Satz: „Wir sollten unser Dasein nicht, dem unbekannten Gott‘ weihen, den wir, unwissend verehren‘, sondern dem ewigen Baumeister, dem Ewig-Vater, dem Leben, das der sterbliche Sinn nicht beeinträchtigen noch die sterbliche Annahme zerstören kann.“ 4
Die Begriffe sterblicher Sinn und sterbliche Annahme sprangen mir geradezu entgegen. In jenem Moment klarer Einsicht erkannte ich, daß Zerstörung eine unpersönliche Annahme ist, die geltend macht, daß der Mensch bösartig und materiell sei. Doch der Mensch ist das reine, unschuldige Ebenbild der Liebe, ist immer Gottes Kind. Und ich wurde gewahr, daß es ja keinen anderen Menschen gibt. Der Sterbliche, wie Mary Baker Eddy schreibt, wird in der Tat „fälschlicherweise Mensch genannt“, da Gottes Mensch niemals Mordopfer oder Mörder sein kann.
Mein Frieden war wiederhergestellt, und das mentale Bild jenes tragischen Ereignisses — es war mir immer wieder in den Sinn gekommen — war ausgelöscht. Mein Vertrauen auf Gott und Seine Schöpfung war erneuert. Ich war frei. Ich hatte die Verbindung mit der Wirklichkeit nicht verloren, vielmehr hatte ich meine Überzeugung erneuert, daß Gott gut ist und daß somit auch der Mensch gut ist, da er das Bild und Gleichnis Gottes ist.
Später erfuhr ich, daß sich der Mörder sofort nach seiner Tat der Polizei gestellt hatte. Vielleicht war das ein erstes Anzeichen für Reue. Ich für meinen Teil lernte daraus, daß unsere Welt unsere Gebete braucht, unser mutiges Wissen um Gottes Gegenwart und unser Vertrauen auf Seine Güte.
Während der folgenden Monate war dieses klarere Verständnis, daß die geistige Wirklichkeit die einzig verläßliche Grundlage für Vertrauen ist, für mich in verschiedenen Situationen sehr hilfreich. Ich arbeitete zum Beispiel mit jemandem an einem größeren Projekt. Plötzlich hatte ich das ungute Gefühl, ich hätte einen Fehler gemacht, als ich ihn darum gebeten hatte, mit mir zusammenzuarbeiten. Doch durch weiteres Gebet erkannte ich, wie notwendig es war, diese Suggestion zurückzuweisen und neuerlich zu bekräftigen, daß ich diese Entscheidung mit Gottes Führung getroffen hatte.
Ich gelobte mir ganz ruhig, auf die Güte des Menschen zu vertrauen — Ausschau zu halten nach der Reinheit, die zum wahren Wesen eines jeden Menschen gehört. Danach entwickelte sich unsere Zusammenarbeit sehr harmonisch. Mir fiel auf, wenn ich mein Denken zu allererst auf das wahre, geistige Wesen des Menschen und auf seine gottentlehnte Güte richtete, daß dann unsere Diskussionen in ruhigen Bahnen verliefen und vernünftig waren und daß dann geistige Eigenschaften hervortraten, die zuvor verborgen schienen.
Andere Ereignisse betrafen meine Familie und Freunde, und die Erlebnisse zeigten mir, daß Liebe keine Last, sondern eine befreiende Macht ist. Manchmal müssen wir das materielle Bild opfern, das wir uns von anderen gemacht haben, und unter Anleitung der göttlichen Liebe können wir das auch. Wenn wir darauf vertrauen, daß Gott unser Leben regiert, werden Beziehungen vergeistigt und stabilisiert, und in unser tägliches Leben kommt Harmonie.
Lernen wir Gott, Liebe, besser kennen, so lernen wir den Menschen, das Kind der Liebe, besser kennen. Vertrauen wir Gott, so können wir Gottes Kind vertrauen — können beständig erleben, daß der Mensch geistig und vollkommen ist. Doch dazu ist nicht nur die geistige Vision erforderlich, daß der wahre Mensch Adel und Unschuld ausdrückt, sondern ebenso muß nachdrücklich all das zurückgewiesen werden, was nicht der Liebe, dem Guten, entspricht.
Selbstverständlich können wir es uns nicht leisten, daß wir unsere Reinheit und Unschuld mit Naivität vermischen lassen, denn dann wären wir so angreifbar wie kleine Lämmer, die herumwandern, aber nicht wissen, daß schon hinter dem nächsten Baum der Wolf lauert. Aber die Erkenntnis, daß Gott Reinheit und Unschuld beschützt und erhält, geht mit der Anerkennung Hand in Hand, daß die Elemente des Bösen, wie Schlauheit und verderbter Wille, nichts mit wirklicher Intelligenz zu tun haben, da sie nicht Gott entlehnt sind. Aus dieser Anerkennung entwickelt sich die Weisheit, die den Wolf unschädlich macht, und sie ist ein natürlicher Schutz vor Schaden. Uns wird dann deutlich, daß das Böse — „die sterbliche Annahme“ — kein Leben, keine Intelligenz, keine Mittel und kein Gemüt besitzt, um etwas gegen die Geliebten Gottes zu planen oder etwas gegen sie zu unternehmen. Und wer sind die Geliebten Gottes? Wir alle sind Seine innig geliebten Kinder.
Wenn wir lernen, daß Liebe, Gott, auch Prinzip ist, geben wir unsere Naivität oder unser Mißtrauen um der Reinheit willen auf. Meinte Christus Jesus nicht genau das, als er sagte: „Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben“? 5 Wenn wir seine Mahnung beachten, werden wir weniger versucht sein, der Sensationslust zu vertrauen, apathisch zu sein oder naiv. Wir werden wachsam sein, wenn es notwendig ist, und wir werden uns sicher fühlen, wenn es angebracht ist. Auch werden wir gut gerüstet sein, um jede Situation zu überwinden, die das Böse als den WillenGottes darstellen will — wo doch das Böse das genaue Gegenteil des göttlichen Lebens ist!
Wenn wir darauf vertrauen, daß Gott jeden Bereich unseres Alltags regiert, werden wir in zunehmendem Maße gewahr, daß Sein Reich nahe herbeigekommen ist. Das stärkt uns und schärft uns den Blick für das Geschehen in der Welt, denn Gott hat uns allen verheißen: „Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du gehen sollst; ich will dich mit meinen Augen leiten.“ 6
Entdecken wir doch mit dieser klaren Sicht Gottes Kinder in unserer Familie, in unserer Kirche, in unserer nächsten Umgebung. Seien wir dankbar, daß wir nichts hinzunehmen brauchen, was Gottes vollkommene Schöpfung besudeln würde, und vertrauen wir darauf, daß uns Gott, unser lieber himmlischer Vater und unsere liebe himmlische Mutter, führe, so wie es uns in jenem Psalmwort verheißen wird. Dieser Gehorsam gibt uns einen überzeugenden Grund dafür, daß wir Gottes Kind ständig vertrauen können: die kostbare Tatsache, daß die göttliche Liebe allgegenwärtig ist.
1 1. Joh 4:20.↑ * Christian Science (kr’istjən s’aiəns)↑ 2 Einh., S. 49.↑ 3 Röm 8:16.↑ 4 Wissenschaft und Gesundheit, S. 428.↑ 5 Mt 10:16.↑ 6 Ps 32:8.↑
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